2024 wird ein besonders herausforderndes Jahr fĂĽr die Branche: Vor dem Hintergrund steigender Preise, Steuern und Nebenkosten und gleichzeitig zurĂĽckhaltendem Konsum blicken viele Gastronom:innen mit Sorge in die Zukunft. Worauf kommt es jetzt an, damit Gäste und Gästinnen weiterhin gerne in Restaurants, CafĂ©s und Co. kommen und fĂĽr Umsätze sorgen? Gastronomie-Fachjournalist Jan-Peter Wulf hat 5 Trends fĂĽr eine erfolgreiche Gastronomie 2024 mitgebracht.Â
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1. TransparenzÂ
Zu zeigen, was man tut und woher die Produkte stammen, die man verwendet, war schon immer eine gute Idee. Jetzt wird sie umso wichtiger, denn Transparenz schafft Vertrauen und inspiriert. Wie das geht? Zum Beispiel so, wie es das Berliner Restaurant Happa macht: Auf ihrer Webseite stellen die Betreiberinnen die Partnerbetriebe vor, vom nachhaltigen GemĂĽsehändler (der Bio-Lebensmittel rettet) bis zur Tischlerin, die die Möbel fĂĽr den Gastraum gebaut hat. Oder das Gasthaus Willems in Mainz: Hier zeigt eine stilisierte Umkreiskarte, woher die regionalen Lebensmittel rings ums Restaurant stammen. Solch einen Kreis kann praktisch jeder Betrieb ziehen. Transparent ist auch, seine Umsätze offen zu legen, wie es etwa der Hamburger Barbetreiber Jörg Meyer vom Le Lion in seinem Newsletter 7cl regelmäßig tut. Die Pariser Kneipenbar Cambridge Public House stellt ganze Nachhaltigkeitsberichte auf ihre Webseite, womit man darstellt, wie man mit einem Teil der Erlöse Umweltschutz- und Sozialprojekte fördert – vor der HaustĂĽr und weltweit. Und ja, auch die aufgrund der gestiegenen Steuern und Preise heraufgesetzten Preise können transparent gemacht werden: Die Initiative Gastronomie Frankfurt hat Karten entwickelt, mittels derer Betriebe zeigen können, wie die Preiserhöhung sich aufschlĂĽsselt. Damit soll bewirkt werden, dass Gäste und Gästinnen mehr Verständnis fĂĽr den durch das ZurĂĽck auf 19% MWSt. bei Speisen nötigen Schritt zeigen. Der Berliner Wirt und Betreiber des Sternerestaurants Nobelhart und Schmutzig, Billy Wagner, erklärte sogar in einem Video, warum und wie seine Preise 2024 steigen – mit groĂźem viralem Effekt.  Â
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2. FlamboyanzÂ
Ganz was anderes: Warum gehen Menschen in die Gastronomie? Weil sie satt werden und ihren Durst stillen? Ja, auch, aber das können sie – und zwar gĂĽnstiger – zu Hause oder in anderen privaten Kontexten (z.B. die im Getränkemarkt gekaufte Kiste Bier, die im Vereinsheim getrunken wird, statt dass man gemeinsam zur „dritten Halbzeit“ im Gasthaus einkehrt). Nein, ein wesentlicher Grund ist auch, sich inspirieren und verfĂĽhren zu lassen, einen Schritt aus dem Alltag herauszutreten und in eine andere Welt einzutauchen. Neue Konzepte wie die Restaurants der Big Squadra Group in Berlin, Hamburg und MĂĽnchen warten mit einem farbenfrohen, detailreichen, fast schon kitschigen Design auf, an dem sich Besuchende kaum sattsehen können (und ihre Bilder massenhaft im Social Web teilen). Oder das Londoner EL&N, das jetzt in DĂĽsseldorf seinen ersten – quietschpinken – Laden eröffnet hat. Die ebenfalls britische Barkette The Alchemist setzt auf blubbernde, flammende, dampfende Cocktails in ungewöhnlichen Gefäßen und ist damit am Potsdamer Platz in Berlin gelandet – und im neuen Restaurant Pink Room (ebenfalls Berlin), das aussieht wie ein Rokoko-Gemälde, steht ein Springbrunnen voller Plastik-Badeenten, während „Careless Whisper“ von George Michael auf dem (sensationell gestalteten) WC in Dauerschleife läuft. Auch das Tabletop ist entsprechend extravagant. Das ist schräg, das ist schrill – und das sorgt fĂĽr ein besonderes Erlebnis. Kann jeder Betrieb sich so darstellen? Gewiss nicht. Aber jeder Betrieb kann anhand seiner Kernkompetenz und anhand seines Themas ein bisschen mehr Flamboyanz, ein bisschen Mut zum unterhaltsamen Ăśbertreiben, wagen. FĂĽr ein bisschen mehr Freude!Â
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3. EffizienzÂ
Können wir die Portionen noch kleiner machen? Die Serviceleistungen noch weiter herunterschrauben? Vor dem Hintergrund des Kosten- und Preisdrucks stellen sich viele Unternehmen solche Fragen. Und ja: Effizienz ist wichtiger denn je. Aber was ist Effizienz ĂĽberhaupt? Es ist die Fähigkeit, Dinge gut, erfolgreich und ohne Verschwendung zu erledigen. FĂĽr die Gastronomie bedeutet das: Weiterhin Wert auf Qualität zu legen, Handwerklichkeit und Können nicht zurĂĽckzufahren. Und gleichzeitig noch mehr darauf zu achten, dass unterwegs keine unnötigen Kosten entstehen, weil falsch rezeptiert, kalkuliert oder portioniert wird. Hier lässt sich vieles von der Systemgastronomie lernen, in der Rezepturen grammgenau hinterlegt und Arbeitsschritte bzw. -abläufe bis ins kleinste Detail beschrieben werden. FĂĽr alle Bereiche des Gastro-Unternehmens, von der Speisenkalkulation bis zur Reduktion des Abfalls (mehr dazu hier), gibt es mittlerweile digitale UnterstĂĽtzung und Tools, die dafĂĽr sorgen, dass der Fehler-Faktor Mensch reduziert wird. Wird der Mensch dadurch abgeschafft? Ganz und gar nicht: Wenn die Technik diese Aufgaben und Kontrollfunktionen ĂĽbernimmt, entsteht umso mehr Spielraum fĂĽr Kreativität, neue Ideen – und das Arbeiten in der Gastronomie, das bekanntlich aus täglich vielen tausenden kleinen Handgriffen besteht, wird angenehmer. Wichtig allerdings: Die Effizienz-Strategie aufzusetzen und ihre Umsetzung zu ĂĽberprĂĽfen, ist Aufgabe der GeschäftsfĂĽhrung bzw. Betriebsleitung.Â
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4. BenevolenzÂ
Insbesondere die gehobene Gastronomie gerät durch die Preissteigerungen in Probleme, weil die Kosten durch die Vielzahl der verwendeten Produkte, den hohen Energieaufwand durch viele Zubereitungsschritte und zahlreiche weitere Faktoren deutlich gestiegen sind. Infolgedessen sind viele MenĂĽpreise deutlich angehoben worden. FĂĽr Menschen mit viel Geld ist die Preiserhöhung eventuell hinnehmbar. Doch was ist mit jenen, die sich ab und zu ein solches kulinarisches Erlebnis gönnen und gar darauf hinsparen? Wenn sie immer seltener oder gar nicht mehr kommen können, bricht nicht nur ein Teil der Umsätze weg – es sind auch diejenigen Gäste und Gästinnen, die viele Gastronom:innen besonders mögen, weil sie Esskultur besonders wertschätzen und besonders dankbar und aufgeschlossen sind. Es ist nun an der Zeit, sich benevolent (wohlwollend) gegenĂĽber ihnen zu zeigen – und damit gleichzeitig die eigene Kapazitätsauslastung zu sichern. Beispiele, wie das gehen kann: Das Berliner Restaurant Horvath (zwei Sterne) bietet unter der Woche ein preisgĂĽnstiges, zugänglicheres „Quick and Dirty“-MenĂĽ an. Das altehrwĂĽrdige Tantris in MĂĽnchen (auch zwei Sterne) will mit dem preisreduzierten Menu Jeune jungen GenieĂźer:innen unter 35 Zugang zur Gourmetgastronomie ermöglichen. Ebenso das Hamburger Restaurant Klinker, das allabendlich einen Tisch fĂĽr Auszubildende bereit hält – mit 50% Rabatt. Und das Berliner Restaurant Faelt (ein Stern) hat seinen MenĂĽpreis von 134 auf 99 Euro gesenkt. Wie? Hier klicken!Â
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5. RelevanzÂ
WofĂĽr stehe ich? Warum kommen Gäste und Gästinnen zu mir (und entscheiden sich nicht fĂĽr einen anderen Betrieb)? Was ist meine Kernkompetenz? In einer Zeit, in der Besuchende den sprichwörtlichen Taler zweimal umdrehen und – auch das gehört zur Wahrheit – der Wettbewerb um die Kundschaft wieder deutlich anzieht, ist es fĂĽr jeden gastronomischen Betrieb umso wichtiger, den eigenen USP klar herauszustellen, sich abzugrenzen und das persönliche Profil zu schärfen. Doch wer tief im eigenen Tagesgeschäft steckt, verliert ĂĽber die Zeit den Blick dafĂĽr – Betriebsblindheit ist zwangsläufig. Dagegen helfen Impulse von auĂźen. Zum Beispiel mit Workshops, Feedbacks oder durch befreundeten Kolleg:innen. Das Team sollte in diesen Prozess unbedingt eingebunden werden. Besonders erfolgreiche Gastronomie-Unternehmen arbeiten Werte fĂĽr sich heraus, die sie repräsentieren und die sie fĂĽr ihre Gäste und Gästinnen konkret erlebbar machen. In der Ansprache, in der räumlichen Gestaltung, auf dem Teller. Bin ich relevant und wenn ja, warum und wie? Diese Frage dĂĽrfen sich Gastronomiebetriebe 2024 gerne regelmäßig und selbstkritisch stellen.Â
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Autor: Jan-Peter Wulf vom Nomyblog
Fotos: Luisa Zeltner | Unsplash
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