Frisch gezapft statt aus der Flasche: Ebb & Flow Keg – das nachhaltige Mehrwegsystem für Weine
Der Glasverbrauch, der mit dem Ausschank und Verkauf von Wein in der Gastronomie verbunden ist, ist enorm – und damit auch die ökologische Belastung, denn Glas herzustellen, benötigt viel Energie und setzt viel CO2 frei. Eine smarte Alternative kommt aus Frankfurt: Ebb Flow, Wein aus Kegs, frisch gezapft.
„Ebb & Flow“ ist Englisch für Ebbe und Flut und steht in diesem Fall für voll und leer. Es geht um Wein. Aber nicht um Wein in Flaschen, sondern um Wein in Kegs – schlanken Edelstahlfässern mit einem Fassungsvermögen von 10 Litern, die an die Zapfanlage angeschlossen werden. Warum in diesem Gebinde? Warum gezapfter Wein? Weil Weinflaschen zwar schön aussehen mögen, aber eben eine hohe Umweltbelastung mit sich bringen.
CO2-Schwergewicht Weinflasche
Über 50 Prozent der CO2-Emissionen einer Flasche Wein, so das Frankfurter Getränke-Startup „Ebb & Flow Keg“, gehen auf das Behältnis zurück: Da ist die Glasflasche mitsamt ihrem sehr energieaufwändigen Herstellungsprozess sehr emissionsreich, Verschluss, Kartonage und Etikett kommen hinzu. Dazu wollte man eine Alternative schaffen und begann 2021, Wein nicht auf die Flasche, sondern auf den Keg zu ziehen. 40% weniger CO2-Verbrauch bringe dies als Vorteil mit sich, so das Unternehmen. Die Kegs können ganz einfach an die bestehende Zapfanlage angeschlossen werden, sodass im Prinzip jede Eckkneipe ihren Gäst*innen nun auch frisch gezapften Wein anbieten kann. „Ebb & Flow“ setzt indes auf besondere Weine, naturbelassen und handwerklich von ausgewählten Winzer*innen hergestellt. Aktuell fahre man noch selbst zu den Winzerinnen und Winzern und fülle vor Ort ab, erklärt Philipp Neveling, Bachelor of Viticulture & Oenology, staatlich geprüfte Fachkraft für biologisch-dynamischen Landbau und für den operativen Betrieb zuständig. Bei den Winzerbetrieben stoße man bereits auf sehr positives Feedback, so Neveling: „Die finden das Thema eigentlich immer cool, weil sie gerne eine Mehrweg-Lösung anbieten wollen.“
Gezapfter Wein: Neuland in Deutschland
In der Gastronomie, die – neben Events/Festivals oder auch Unverpackt-Läden zum Abfüllen in wiederverwendbare Flaschen – der zentrale Vertriebskanal für das Keg-System ist, sei es derzeit noch etwas herausfordernder, die Betriebe zu überzeugen. Wein aus der Zapfanlage – das ist eben hierzulande noch Neuland. Neveling: „Es ist in Deutschland, obwohl wir ja Mehrweg generell offen gegenüber stehen, noch wenig bekannt. In den USA, teilweise auch in Frankreich oder Italien, ist es schon viel etablierter.“ Pioniere gibt es aber schon, die dieses Thema mit kultivieren wollen. Die neue Naturwein-Bar „Le Balto“ oder das Restaurant „Terz“ in Berlin zum Beispiel, in Frankfurt sind unter anderem die Restaurants „Emma Metzler“ und „Naiv“ schon angeschlossen. Auch einige Weinhandlungen zapfen bereits direkt aus den„Ebb & Flow Kegs“. „Es ist für den offenen Ausschank super, auch für das Verkaufen von Karaffen“, so Neveling. Für Perlwein wie den hauseigenen „Ebb & Flow Fizz“ benötige man noch nicht einmal zusätzlichen Stickstoff, bei stillem Wein lässt sich handelsübliche Ware ans Zapfsystem anschließen. Und geschmacklich-qualitativ stehe der Keg der Flasche in nichts nach: Schließlich wird Wein ja zuvor auch in Edelstahl-Tanks ausgebaut.
Aktuell ist „Ebb & Flow Keg“ vor allem ein Weinfachhandel. Perspektivisch will man mit seinem Keg-Verleihsystem eine großflächige, nachhaltige Kreislaufwirtschaft für Weine etablieren – dafür hat man soeben eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, um expandieren zu können. „Wir sind nicht die Ersten, die so etwas anbieten, aber ich denke, dass wir uns im Konzept und in der Qualität abgrenzen“, erklärt Neveling. Und: Es schmeckt richtig gut. Davon konnten wir uns beim Besuch im „Le Balto“ überzeugen, wo wir ein Glas „Ebb & Flow White“ probiert haben, einen Eigenmarken-Wein, den man zusammen mit einem Demeter-Winzer aus Rheinhessen herstellt: 80% Weissburgunder, 20% Riesling, 100% lecker, knackig und in perfekter Trinktemperatur.
Ebb & Flow Keg ist wie KAYA&KATO Partner von Greentable, der Initiative für nachhaltige Gastronomie.
Autor Jan-Peter Wulf vom Nomyblog
Fotos Marie Haefner, Pexels